Archiv für Oktober 2008

FDP: Her mit dem Faschismus!

31. Oktober 2008

Faschismus ist ein System, in dem die Kapitalbesitzer die Macht über Staat, Politik und Gesellschaft übernommen haben.

Am 8. November 2006 wurde den Abgeordneten des Deutschen Bundestages die Drucksache 16/3301 vorgelegt. Es handelt sich dabei um einen Gesetzentwurf der neoliberalen FDP.

In diesem Gesetzentwurf wird der Beschluss gefordert, per Änderung des Grundgesetzes den Weg zum Faschismus zu ebnen. Die angestrebte Änderung betrifft die Löschung des Artikels 15 aus dem Grundgesetz.

Grundgesetz

Artikel 15
Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden. Für die Entschädigung gilt Artikel 14 Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend.

In dem von Giudo Westerwelle verfassten „Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung der Sozialisierung“ wird die Löschung des Artikels 15 damit begründet, dass eine Sozialisierung von Kapitalbesitz den Kapitalismus abschafft und direkt zum Sozialismus führt. Dies sei mit dem Grundrecht auf „Freiheit“ nicht vereinbar, da „Freiheit“ nur im Kapitalismus möglich sei.

Den ganzen Unfug können Sie in der genannten Drucksache als .pdf selbst nachlesen.

Was bedeutet dies? Was hat das mit Faschismus zu tun?

Ganz einfach:

Mit diesem Artikel 15 wird der Politik das Recht eingeräumt, bei gesellschaftsschädlichen Auswüchsen der Wirtschaft die „Notbremse“ zu ziehen und die Kapitalbesitzer zu enteignen. Wie Karl Marx schon feststellte, hat das Kapital einen Horror vor ausbleibendem Profit. Kein Wunder…müssten doch die Kapitalbesitzer dann ihren Lebensunterhalt selbst erarbeiten.

Im Kapitalismus wie im Faschismus (als seine Steigerung) ergibt sich aus dem bloßen Besitz von Kapital (Fabriken, Grundstücke, Immobilien, Geld etc.) ein Einkommensanspruch gegen jene, die nur ihre Arbeitskraft besitzen. Das System des Kapitalismus basiert auf Ausbeutung. Das Proletariat (die „Besitzlosen“) wird gezwungen, seine Arbeitskraft zu verkaufen, um Geld für den Lebensunterhalt zu bekommen. Dabei wird allerdings nur ein kleiner Teil der geleisteten Arbeit wirklich entlohnt. Der Rest, die unbezahlte Arbeit, wird beim Verkauf der Waren und Dienstleistungen zu reinem Profit.

Leistungsloses Einkommen entsteht durch einkommenslose Leistung.

Mit dem Artikel 15 besitzt eine (sozial interessierte) Politik die Möglichkeit, die Kapitalsbesitzer in ihrer Gier nach Profit und ungehemmter Ausbeutung zu bremsen. Die Enteignung (oder Sozialisierung) nimmt den Kapitalisten ihre wirtschaftliche Macht und eben auch die Quelle ihre Profites.

Diese Möglichkeit allein reicht schon, um bei den Kapitalisten Respekt vor dem Staat zu erzwingen. Dieser Respekt hat zur Folge, das Löhne, Steuern und Sozialbeiträge (wenn auch widerwillig) gezahlt werden. Ebenso unwillig unterwirft sich die Wirtschaft den Gesetzen zum Arbeitsschutz, Umweltschutz usw.

Schafft man nun den Artikel 15 auf Wunsch der Wirtschaftspartei FDP ab, sind alle Dämme gebrochen. Kein einziger Kapitalist hätte noch Konsequenzen für sein Handeln zu befürchten. Er könnte willkürlich schalten und walten, ohne Angst vor dem Verlust seiner Profitquellen durch den Staat zu haben.

Dies hätte natürlich auch die vollständige Abhängigkeit des Staates und seiner Bürger vom Wohlwollen der Wirtschaft zur Folge. Dem Faschismus wären Tür und Tor geöffnet!

Selbstverständlich wissen das auch Westerwelle & Co. Nichts ist ihnen heiliger als die uneingeschränkte Freiheit der Kapitalbesitzer.

Schließlich hatten sie auch keine Einwände, als auf Wunsch der Kapitalisten mit den Hartz-Gesetzen die Alg2-Empfänger vom Artikel 12 „befreit“ wurden.

Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!

Leider kann ich die bisherigen Kommentare nicht mit in das Archiv übernehmen.

der Chef:

http://de.wikipedia.org/wiki/Faschismus kennt deine Definition von Faschismus leider nicht. Weil sie einfach falsch ist, wahrscheinlich.

wareluege:

Wahrscheinlicher ist, das sich der Wiki-Artikel (teils widersprüchlich) fast ausschließlich auf die italienische Eigendefinition des Italo-Faschisten Mussolini bezieht.
Aber auch dort findet sich eine Bestätigung “meiner” Definition:

“Die faschistische „Neue Ordnung“ unterscheidet sich deutlich von dem vom Nationalsozialismus angestrebten Modell: Während Hitler einen völkisch geordneten Rassestaat zu errichten versuchte, strebte Mussolinis Regime nach einem starken Staat unter Einbindung der alten Eliten und nach der Etablierung einer zwar skrupellosen, aber doch größtenteils traditionellen Macht- und Expansionspolitik.”

Skrupellose Machtpolitik alter Elten… Und die “alten Eliten” sind in einem kapitalistischen System keine anderen Leute als die Kapitalisten, wahlweise auch “Industrie- und Geldadel” genannt.

Obwohl… wenn es den Faschismus meiner Sichtweise nicht gibt…dann müsste das System der uneingeschränlten Herrschaft des Kapitals doch einfach nur “Kapitalismus” sein, oder? Womit sich doch Kapitalismus und Demokratie prinzipiell gegenseitig ausschließen.
Aber warum wählen wir dann noch Parteien und nicht gleich Aktienfonds in den Bundestag? Weil die Diktatur des Kapitals noch nicht endgültig etabliert ist. Auch wenn man daran arbeitet…

Georgi Dimitrow sagte 1928 auf der 4. Internationale:
Der Faschismus ist keine orts- oder zeitgebundene, vorübergehende Erscheinung. Er ist ein ganzes System der Klassenherrschaft der Bourgeoisie und ihrer Diktatur im Zeitalter des Imperialismus.

B1:

1. Die Drucksache ist von 2006.
2. Artikel 1 bis 20 Grundgesetz sind generell unangreifbar. Das sollte dem Juristen Westerwelle eigentlich bekannt sein.

Raze:

@ B1: Unangreifbar? Erzähl das mal der EU, Wolfgang Schäuble, der “Bundesagentur für Arbeit”,…
und ich denke nicht, daß sich die FDP ihren faschistischen Neigungen (die auch in der Wikipedia-Definition in ihr existieren) seit 2006 abgeschworen hat.
Bezüglich der Faschismus-Definition und Wikipedia: Ich schließe mich dem Blog-Autor vollkommen an. Die Wikipedia – Definition ist viel zu geschichtsfixiert, aber das hat ja seinen Grund:

Man kann doch der Öffentlichkeit in einem Instrument der Mainstream – Presse nicht erklären, daß das, was der böse Onkel Adolf gemacht hat, im Grunde auch heute wieder praktiziert werden soll und wird. Wo kämen wir denn da hin, wenn die Leute die Wahrheit erfahren würden!