Ifo-Phrasenautomat
Hans-Werner ist wieder da!
Der Focus hatte mal wieder Langeweile und etwas Kleingeld übrig.
Also fuhr man zum Münchner Ifo-Institut und warf ein paar Groschen in den Phrasenautomaten „Hans-Werner UnSinn“.
Das journalistisch-intellektuelle Niveau des Focus verhinderte aber die Erkenntnis, das Hans-Werner heute noch genauso Stuss redet wie früher.
Focus-Redakteur Peter Bloed wusste aber, wie man den Schwatz-Automaten bedienen muss, um möglichst viel UnSinn für sein Geld zu bekommen: Man wirft ein paar Münzen ein, liefert in Fragen verpackte „Stichworte“ und schon beginnt der Phrasenautomat „Hans-Werner UnSinn 2009“ damit, selbige Stichworte in allerlei hirnlose „Antworten“ einzubauen.
Welch lustiges Spiel! Aber eigentlich auf einem Jahrmarkt besser aufgehoben als in einer Zeitschrift, welche auch als Amtsblatt der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände für Befehle an die Regierung genutzt wird.
FOCUS Online: Mindestlohn, Rentengarantie, der Ausbau der Sozialleistungen, der Gesundheitsfonds – wie links ist die deutsche Wirtschaftspolitik?
Münze: Die deutsche Wirtschaftspolitik ist angeblich „links“.
Sinn: Deutschland hat sicher einen sehr stark ausgebauten Sozialstaat.
Vor allem für Besser- und Spitzenverdiener, Konzerne und Banken. Aber selbst wenn man die letzten verbliebenen Überreste des Sozialstaates auch noch abschafft, redet dieser Automat immer noch von „sehr stark“
Sinn: Es fehlen die Leistungsanreize. Man könnte die stützende Wirkung des Sozialstaats für Krisen erhalten und trotzdem die Anreize besser gestalten: Indem man die Philosophie der Agenda 2010 noch intensiver umsetzt.
Und wieder die alte Phrase „Arbeit macht frei„. Man müsse doch nur das faule Sozialschmarotzerpack „aktivieren“, damit es Wachstum und Arbeitsplätze gibt!
Sinn: Die Armutsgefährdungsgrenze befindet sich in Deutschland bei 780 Euro. Wer nicht arbeitet, bekommt über Hartz IV weniger – im Mittel sind es rund 700 Euro.
Nanu? Hatte Hans-Werner nicht jahrelang behauptet, mit HartzIV bekäme man „fürs Nichtstun mehr als fürs Mitmachen„?
Die „700 Euro“ bitte merken!
FOCUS Online: Die alte Regierung rückte dagegen nach links und setzte vor allem auf den Mindestlohn …
Münze: Mindestlohn ist „links“.
Ganz nach Vorbild der kommunistischen Diktaturen USA, Frankreich, England usw. 🙂
Sinn: Damit erreicht man das Gegenteil von dem, was mit der Agenda 2010 geschaffen wurde.
Phrase: Mindestlohn ist übel…gaaanz übel!
Sinn: Es ist offenkundig: Ein Mindestlohn vernichtet jene Arbeitsstellen, auf denen die Wertschöpfung kleiner ist als dieser Lohn. Es rechnet sich für die Unternehmen nicht mehr, diese Stellen zu schaffen.
Hmmm…. diesen Unfug hört man seit vielen Jahren. Irgendwann wirds geglaubt. Aber selbst die genialsten Mathematiker (inkl. Einstein) konnten bis heute keine Formel zu einer solchen Berechnung vorlegen.
Welche Wertschöpfung hat aber ein Ifo-Präsident? Sind seine Phrasen wirklich etwas wert? Wenn ja…für wen?
FOCUS Online: Wie lassen sich gezielt Anreize schaffen?
Münze: Wie soll Hartz 5 aussehen?
Sinn: Wir haben die aktivierende Sozialhilfe vorgeschlagen. Ausgehend von einem Sockelbetrag wird der sogenannte Transferentzug auf 70 Prozent begrenzt.
Und nun mal umdenken: Das Alg2 wird aus Steuern finanziert. Ist also Steuergeld. Man könnte bei einer Niedriglohnbeschäftigung auch das „ergänzende Alg2“ als Steuerfreibetrag ansehen. 70% des „Mehreinkommens“ würde darauf angerechnet, also „versteuert“.
Folge: Geringsverdiener zahlen 70% „Einkommensteuer“, Spitzenverdiener nur die Hälfte (FDP-Modell).
Wäre es da für Arbeitslose und Steuerzahler nicht „anreizender“, einen Mindestlohn einzuführen? Na gut…Dieter Hundt würde dem Ifo-Institut keine lukrativen „Expertisen“ mehr abkaufen…aber wäre das ein Verlust?
Sinn: Genauso gut kann man sagen: Es ist gut, weil dadurch Stellen entstehen, die es vorher nicht gab. Es ist immer die Frage, womit man ein politisches Ergebnis vergleicht: Mit dem Nirvana oder einer real existierenden Alternative.
Ahja…Arbeitsplätze entstehen (mal wieder) wenn sie billig sind, nicht wenn es Arbeit gibt. Und alle anderen Vorschläge sind „Nirvana„, während sein Unfug eine „real existierende Alternative“ sein soll.
Merke: Man müsse also die Löhne auf 1 Euro/Stunde reduzieren und schon fangen Opel & Co an, hemmungslos Autos zu bauen. Es entstehen tausende neuer Fabriken und es gibt solange Vollbeschäftigung, bis man in den Zwang kommt, ein Auto verkaufen zu müssen. In dem Moment kracht Hans-Werners Kartenhaus zusammen.
Sinn: Ein extremes Bürgergeld, bei dem man 800 Euro im Monat bekommt…
Wow! 800 Euro im Monat (inkl. Miete & Co) sind also „extrem„. Das wäre selbst dann noch eine Schande, wenn es für alle „Bürgergeld“-Empfänger tatsächlich die Möglichkeit gäbe, etwas hinzu zu verdienen. Diese 800 Euro wären übrigens gerade 100 Euro mehr, als das Alg2. 😉
Sinn: Wer nicht arbeitet, bekommt über Hartz IV weniger – im Mittel sind es rund 700 Euro. (siehe oben)
FOCUS Online: Kann sich Deutschland die großen Reformen überhaupt leisten?
Münze: Staatsverschuldung
Sinn: Etwas strikter bei der Bezahlung von Nichtarbeit und dafür etwas großzügiger bei der Mitbezahlung von Arbeit sein.
Also das Arbeitslosengeld weiter kürzen und dafür mehr „Lohn vom Staat“. Damit bekommt man die Staatsverschuldung bestimmt in den Griff. Gaaaanz sicher!
Sinn: Überlegen Sie einmal, was geschehen wäre, wenn Deutschland sich nicht verschuldet hätte. Dann wäre das Chaos ausgebrochen. Wir hätten Verhältnisse wie zwischen 1929 und 1932.
Achja? Dabei hat Prof. UnSinn selbst jahrelang den Untergang prophezeit, wenn sich der Staat mit Konjunkturprogrammen „in die Wirtschaft einmischt“.
FOCUS Online: Braucht Deutschland nicht erst recht die große Steuerreform, um das Wachstum anzukurbeln?
Münze: „Steuersenkungen bei Besserverdienern schaffen Wachstum!“
Sinn: Es wäre sinnvoll, die Steuern zu senken und das mit Schulden zu finanzieren, um die Konjunktur über das noch schwierige Jahr 2010 hinwegzuretten.
Man soll also die Steuern von Hans-Werner & Co senken und die daraus ergebenen Schulden auf die gesamte Bevölkerung abladen. Der vom Focus „Starökonom“ genannte Asoziale Straubhaar hat ja schon eine 25%-Mehrwertsteuer gefordert.
Sinn: Während einer kurzen, aber heftigen Rezession wie dieser muss die Konjunktur über neue Schulden gestützt werden. Danach muss man auf den Pfad der Tugend zurück.
Ahja…diese Rezession ist also nicht nur heftig, sondern auch kurz. Soso…
Könnte Hans-Werner vielleicht noch Wetterbericht und Lottozahlen von 2010 bis 2015 vorhersagen? Selbst bei einem Wachstum von sagenhaften 2% jährlich bräuchte man ab morgen früh schon mehr als 10 Jahre, um wenigstens wieder auf den Stand von 2008 zu kommen.
FOCUS Online: Die Vergangenheit zeigt, dass der Staat eben nicht den Haushalt saniert, sobald er wieder etwas zu verteilen hat.
Münze: Verteilungsstaat…das Grauen der „Leistungsträger und Eliten“. Gegen die dauerhafte Umverteilung von Lohngeldern zu Gewinnausschüttungen hatten sie allerdings noch nie etwas einzuwenden!
Sinn: Die Neuverschuldung muss zum Erliegen kommen. Das steht so im Grundgesetz. Ab Mitte der 2020er-Jahre kommen ja die demografischen Probleme. Die Babyboomer sind dann 60 und wollen in Rente. Dann müssen die wenigen, die nachkommen,
Wenn sich der Staat nicht mehr für die Geldanlage-Renditen der Reichen verschuldet…wer sollte dies stattdessen tun? Die Niedriglöhner und Armutsrentner?
Und wieder die kaltgewordene Soße „demografisches Problem“. Er kanns nicht lassen…
FOCUS Online: Ein stabiler Haushalt wird kaum reichen, um unser Rentensystem in den Griff zu bekommen. Erst recht nicht mit dem sozialen Traum von der Rentengarantie.
Münze: Rentengarantie ist „sozialer Traum“
Das ist natürlich ein tolles Stichwort für die Phrasenmaschine:
Sinn: Es ist seit Jahrzehnten bekannt, dass das Rentensystem nicht in der Lage sein wird, zu den Beitragssätzen von heute auskömmliche Renten zu liefern.
Man schaue sich mal an, wer diese „Erkenntnis“ jahrelang verbreitet hat. Ausnahmslos „Experten“ und „Institute“ der Versicherungskonzerne. Ohne Ausnahme!
Sinn: Die Zahl der Alten relativ zu den Jungen wird sich in den nächsten 30 Jahren fast verdoppeln.
Bitte Wetterbericht und Lottozahlen für die nächsten 30 Jahre nachliefern!
Nur zur Information: Ein heutiger Billig-PC hat etwa 1500 Mal mehr Leistung als ein „Home-Computer“ von vor 30 Jahren.
Wie kann ein angeblich gebildeter Mensch annehmen, in den nächsten 30 Jahren würden immer noch die heutigen Verhältnisse herrschen?
In 30 Jahren brauchen wir nicht mehr einkaufen gehen. Wir müssen bloß noch die Bedienungsnaleitung des Replikators auswendig lernen.
Aber Achtung: Das Ding kann keinen Alkohol herstellen!
Sinn: Die Babyboomer sind jetzt Mitte 40, haben also noch 20 Jahre Zeit zu sparen und ein gewisses Vermögen anzusammeln. Das Defizit, das sich dabei („demografisches Problem„) ergibt, kann nur eine kapitalgedeckte Rente auffüllen.
Jaaaa…ein „kapitalgedeckte Rente“! Genau!
Hmmm…wo legen wir denn den überflüssigen Teil unseres Niedriglohnes an? Bei Lehman Brothers? Bei der Hypo Real Estate? In Island?
Warten wir mal ab, was uns diverse „Experten“ und BILD demnächst als „Volksaktie“ anbieten. Die Telekom-Aktie war auch schon ohne Wirtschaftskrise ein voller Erfolg, nicht wahr?
Sinn: Junge Leute, wenn sie ins Arbeitsleben eintreten, werden automatisch zu einem erweiterten Riester-Sparen verpflichtet. Dadurch wird Kapital angesammelt. Mit der Geburt des ersten Kindes wird ein Drittel der angesammelten Ersparnis frei.
Sozialversicherungen als „private Pflicht“ sind auch eine beliebte Forderung der Versicherungsvertreterpartei „FDP“. Genial ist der Gedanke, dass junge Leute erst eine Familie gründen und Kinder kriegen sollen, bevor sie ein paar Euro Riester-Beiträge einsparen.
In Kombination mit einem 2,50€ – Niedriglohn ist dies natürlich eine „real existierende Alternative„.
Hans Werner…in 2 Monaten ist erst Weihnachten und du hast heute schon nicht mehr alle Nadeln an der Tanne!
Sinn: Jeder würde seine bisherige gesetzliche Rente weiter bekommen, wenn auch auf einem aus demografischen Gründen reduzierten Niveau.
Unabhängig von Löhnen und Gewinnen sollen die Renten gekürzt werden. Nur aus „demografischen Gründen„? Diese Frechheit ist selbst für die Ifo-Phrasenmaschine oberpeinlich.
FOCUS Online: Der Gesundheitsfonds ist der nächste Schritt in die Staatsmedizin.
Herr Bloed wirft die Westerwelle-Münze „Gesundheitsfond = Sozialismus“ in den Automaten…
Sinn: Es gibt ja riesige Umverteilungsströme zwischen den Bundesländern und den einzelnen Kassen. Das ist das genaue Gegenteil von dem, was eine Marktwirtschaft kennzeichnet
Und Hans-Werner antwortet prompt mit der Phrase „Marktwirtschaft löst alle Probleme“.
Wer sich die privatisierte Krankenversicherung nicht mehr leisten kann, hat halt Pech gehabt. Aber die Medaille hat auch eine gute Seite: Je mehr Arme am „marktwirtschaftlichen Gesundheitssystem“ verrecken, umso weniger Arbeitslose und Rentner. Ist doch toll, oder?
FOCUS Online: Also doch die große Privatisierung?
Natürlich folgt prompt die Privatisierungs-Münze.
Sinn: Eine Reform, hin zu einer Basisversicherung, die für alle da ist und die man durch private Versicherungsverträge aufstocken kann, wäre angemessen.
Je mehr Marktwirtschaft eingeführt wird, desto eher kann das System gesunden.
Ahja…eine „Basisversicherung“. Die fällt natürlich wesentlich geringer aus als heute, da man ja „Lohnnebenkosten“ unbedingt senken muss! Je weniger „Basischutz“, umso mehr Wettbewerb!
FOCUS Online: Wie kommt Konjunktur wieder ins Laufen? Woher bekommt Deutschland mehr Wachstum?
Die Münze „Wachstum = Konjunktur“ ist allerdings schon abgegriffen und verstaubt.
Sinn: Nachhaltiges Wachstum erreicht man nur durch Investitionen.
Das ist UnSinn: Erstmal muss Nachfrage da sein, bevor überhaupt Bedarf nach Investitionen entsteht. Wozu investieren, wenn die Auftragsbücher leer sind?
Deutschland hatte in den vergangenen Jahren die niedrigste Nettoinvestitionsquote unter allen OECD-Ländern.
Ja…und die niedrigsten Lohnzuwächse. Selbstverständlich gibt es keinerlei Zusammenhang zwischen „Endverbraucher“ und „Investitionen“. 😉
Da darf man sich nicht wundern, wenn das Land nicht mehr wächst. Wir haben den Löwenanteil unserer Ersparnisse ins Ausland geschafft, anstatt zu Hause zu investieren.
Und warum hat das Ausland Geld gebraucht und investiert? Na?
Sinn: Wenn die Löhne für einfache Arbeiten durch den Gesetzgeber künstlich hochgetrieben werden, geht der Standort noch weiter kaputt.
Jemand sollte beim Ifo-Phrasenautomaten mal die Sprechrolle für „Ursache & Wirkung“ überprüfen. Da stecken eine Menge Logik-Fehler drin.
Gemäß der „wissenschaftlichen“ Theorie des Phrasenschwätzers UnSinn müsste doch der „Standort Ostdeutschland“ mit seinem 30% niedrigeren Lohnniveau ohne Tarifbindungen das totale Paradies für Konzerne und „Investoren“ sein. Wie kommt es dann aber in der Realität zu einer mehr als doppelt so hohen Arbeitslosigkeit bei vergleichsweise wenig Einwohnern?
Sinn: Wir müssen akzeptieren, dass die Lohnskala sich ausspreizt, wie es die Kräfte der Globalisierung verlangen
Seit 50.000 Jahren sind stets „höhere Mächte“ am Werk, wenn die Reichen mal wieder „Mehr Arbeit für weniger Geld“ fordern. Früher waren es Priester mit ihren Tempeln, heute sind es „Arbeitgeber“ mit ihren Profiten.
20. Oktober 2009 um 19:28
[…] System noch nicht. Entsprechend ist der Artikel zwar lesenswert, aber mit Vorsicht zu genießen.) Ifo-Phrasenautomat 1 […]
20. Oktober 2009 um 16:51
ja der hilft halt die Agenda umzusetzen:
http://www.detlef-ouart.de/Die_vier_Regeln_des_Kapitalismus.htm
Gruß
20. Oktober 2009 um 00:24
ich kann den seine dämlichen phrasen echt nicht mehr sehen… hoffentlich stopft dem mal einer das maul.
20. Oktober 2009 um 00:01
treffende Doku-Collage! Zu dieser Type fällt mir längst nichts mehr ein. Wieso wird so jemand zum Institutsdirektor berufen und von Steuergeldern gemästet??
19. Oktober 2009 um 22:29
absolut unertraeglich, was dieses schaumzaepfchen der versicherungswirtschaft da absondert! da schuettelts einen regelrecht!
sehr schoene analyse! langsam kocht die wut!